Kreistag: Haushaltsrede von Helga Stieglmeier, stellv. Fraktionssprecherin

Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien,
der Haushalt bildet ja immer das ab, was wir das ganze Jahr über diskutiert und beschlossen haben. Das Ergebnis, das nun vorliegt mit einem Volumen von 291 Mio. Euro, haben wir in den zuständigen Ausschüssen und in einigen Runden der Fraktionssprecher*innen ausführlich besprochen.

Zustimmung zum Haushalt

Ich muss hier jetzt nicht nochmal alle Zahlen wiederholen, die ja bereits von Herrn Landrat und Herrn Siecheneder genannt wurden. Und gleich vorneweg: Wir werden dem Haushalt zustimmen. Vielen Dank, Herr Siecheneder, an Sie und Ihr Team!

Ich möchte daher heute etwas grundsätzlicher werden:
Wir sind privilegiert, denn wir leben in einer funktionierenden Demokratie mit einer funktionierenden Gewaltenteilung.

Demokratie heißt nicht, dass man immer zustimmen muss. Aber wir versuchen, Kompromisse zu finden. In diesem Haushalt gibt es für meine Fraktion nichts, was es uns nicht möglich macht, zuzustimmen.

Politische Schwerpunkte unserer Fraktion

Auch wenn wir uns natürlich mehr ÖPNV, mehr Erneuerbare Energien, mehr Klimaschutz oder mehr Jugendsozialarbeit wünschen. Wir werden weiter versuchen, im Erdinger Kreistag diese Themen einzubringen und uns um Mehrheiten aus den Reihen der CSU, der Freien Wähler, der SPD, ödp, Frau Neumeier-Korn und Herrn Baum bemühen.

Verantwortungsvoller Umgang mit Meinungsfreiheit

Wichtig ist mir aber hierbei eines: Wir alle können und dürfen unsere Meinung hier im Kreistag und überall jederzeit frei und offen äußern. Da kann es Widerspruch geben, auch das ist Meinungsfreiheit. Davon nicht abgedeckt sind Hassreden, Verleumdungen und verfassungsfeindliche Propaganda.

Niemand wird bei uns hier eingesperrt, selbst dann nicht, wenn er oder sie völlig faktenbefreiten Unsinn erzählt. Sie dürfen erzählen, dass die Erde eine Scheibe sei, dass es keinen menschengemachten Klimawandel gäbe oder eben keine Meinungsfreiheit und Zensur. Man darf sogar im Fernsehen vom „Sklavenstaat Deutschland“ faseln, „der sich vor das Kanonenrohr der USA spannen lässt“.

Auch wir hier im Landkreis Erding sind privilegiert:
Wir können all unsere Pflichtaufgaben erfüllen und können auch noch bei freiwilligen Leistungen als Kommunalpolitiker*innen gestalten.

Soziale Sicherung als Errungenschaft & Engagement für Geflüchtete

Unsere Schulen sind nicht marode, wir können es uns leisten, das Defizit unseres Klinikums zu tragen, um die Versorgung unserer Bürger*innen bestmöglich sicherzustellen. Und ein großer Anteil unseres Haushalts fließt in soziale Sicherung. Auch das ist eine große Errungenschaft: Eine solidarische Gemeinschaft, die diejenigen unterstützt, die Hilfe nötig haben.

Und ich schließe hier ausdrücklich unsere Anstrengungen für Geflüchtete ein – sowohl die Hilfe der vielen Ehrenamtlichen als auch die Menschen in der Verwaltung des Landratsamtes und uns als Kommunalpolitiker*innen. Danke dafür, dass wir mehrheitlich nicht hasserfüllt und rassistisch diskutieren, sondern Probleme benennen und dann versuchen, Lösungen zu finden.

Ich habe dabei z. B. die neue Unterkunft in der Dr.-Henkel-Straße vor Augen. Von einer kleinen, aber umso lauteren Gruppe gab es im Vorfeld Geschrei, Ressentiments wurden bedient und Angst geschürt.
In der Unterkunft leben jetzt Menschen – Männer, Frauen, Kinder – und es haben sich sofort Bürger*innen getroffen, um zu überlegen, wie sie helfen können, damit Probleme vermieden werden.

Herausforderungen unserer Zeit

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
wir leben in herausfordernden Zeiten: Auf europäischem Boden tobt ein Krieg, Rechtspopulist*innen regieren in Nachbarländern, und die Wissenschaft warnt uns davor, dass der Klimawandel noch schneller voranschreitet als befürchtet.

Und manchmal könnte man daran zweifeln, ob das eigene Engagement hier im Erdinger Kreistag überhaupt Sinn macht. Zu klein erscheinen manchmal die Stellschrauben, die wir hier tatsächlich bedienen können.

Bringt eine zusätzliche Busverbindung wirklich etwas im Kampf gegen den Klimawandel? Retten wir die Welt, wenn wir Geflüchtete menschenwürdig unterbringen? Ist eine Nachfrage zur Jugendsozialarbeit über 70.000 Euro angesichts eines Haushalts von 291 Millionen wirklich relevant?

Und eine ganz persönliche Frage: Hätte ich 22 Jahre etwas Besseres tun können?

Die Bedeutung kommunalpolitischer Arbeit

Und auch jetzt komme ich am Ende noch einmal zu einem Privileg:
Bei allem Frust, dass man oft mehr erreichen möchte, dass Diskussionen anstrengend sind, dass manchmal der Kompromiss schwer fällt und dass man persönliche Angriffe aushalten muss:

Auch der Erdinger Kreistag bildet die Grundlage unserer Demokratie, und wir als Ehrenamtliche tragen genauso wie alle Berufspolitiker*innen dazu bei, diese zu erhalten, mit Leben zu füllen und auch zu verteidigen.

Und es war mir und meiner Fraktion wichtig, das heute bei diesen Haushaltsberatungen neben allen Zahlen darzustellen.